Für mich persönlich sind Yoga und Laufen perfekte Gegenspieler für einen ausgeglichenen Geist und einen gesunden Körper. Seit vielen Jahren integriere ich beides so regelmäßig wie möglich in meinen Alltag und kann so aus eigener Erfahrung sagen, dass ich weder das eine noch das andere aus meinem Leben streichen möchte.
Da beim Yoga die Ausdauer etwas zu kurz kommt, ist das Laufen eine perfekte Ergänzung, um den Cardiobereich zu trainieren. Weiterhin ist Laufen eine einfache Methode, um sich bei (fast) jedem Wetter in der Natur zu bewegen und bietet eine Abwechslung zur Yogapraxis. Doch auch ambitionierte Läufer profitieren davon, ihren Sport um Yoga zu bereichern. Dafür möchte ich mich im Folgenden auf drei Kernkomponenten des Yoga beziehen, die Teil des so genannten „Achtgliedrigen Pfads“ sind.
Asana, das Physische
Pranayama, die Atmung
Meditation, das Mentale
Asana – das Physische
Die Positionen des Yoga wurden ursprünglich entwickelt, um den Körper stark genug zu machen, so dass er längere Zeit in Meditation sitzen kann. Weiterhin ist Yogapraxis „Meditation in Bewegung“: Durch den Bezug zum Körper ist es leichter, sich auf die Atmung zu besinnen und im „Hier und Jetzt“ zu sein, als sich statisch auf seine Atmung zu konzentrieren.
Da Yoga keine starre Dogmatik hat, sondern den Anspruch bestizt, sich an Entwicklungen, Gesellschaft und den Bedürfnissen des Individuums anzupassen, ist es kein Wunder, dass die westliche Welt Yoga für sich entdeckt und adaptiert hat. Im Speziellen lässt Yoga sich als Balance zu sämtlichen Sportarten gestalten. Im Folgenden erfahrt ihr, inwiefern Yoga das Laufen unterstützt und euren Körper so stärkt, dass ihr diesen Sport länger ausüben könnt.
Yoga wirkt sich positiv auf drei Faktoren auf: Gesunde Flexibilität und Kräftigung, vor allen Dingen schult es das Körpergefühl, welches euch mitteilt, wieviel Dehnung oder Stärkung angebracht sind, welche Muskeln du anspannen und welche du entspannen musst. Was damit genau gemeint ist, erläutere ich anhand der Körperpartien, die durchs Laufen besonders belastet werden.
Das IT-Band
Das IT-Band (Illiotibial Band) verläuft vom Dammbeinkamm zum Schienbeinkopf. Es ist kein Muskel, sondern Fasziengewebe und hält in Kooperation mit den Adduktoren das Knie stabil. Das so genannte „Runners Knee“ entsteht u. a. durch eine Verkürzung dieses IT-Bands. Um diesem entgegen zu wirken, arbeiten wir beim Yoga an dessen Dehnung und stärken zudem unsere Adduktoren.
Hamstrings & Gluteus
Der Gluteus (Hintern) wird beim Laufen gerne angespannt um Stabilität für den Körper zu schaffen, wodurch jedoch Druck auf den unteren Rücken ausgeübt wird, weiterhin verkürzen so unsere Beinrückseiten (Hamstrings). Beim Yoga wird nicht nur diese Dysbalance ausgeglichen, sondern aktiv „halten“ vs. „loslassen“ geübt, so dass euer Körper zunehmend lernt, diese Bereiche auch beim Laufen zu entspannen.
Doch was ist dann mit der Stabilität des Körpers? Dafür sorgt ein anderer sehr wichtiger Muskel unseres Körpers, der Psoas.
Psoas
Der Psoas verbindet unseren Oberkörper mit den Beinen, er schwingt das Becken vor und zurück, so dass sich unsere Beine in Bewegung setzen. Er ist unser tiefster Muskel und wird gerne als „Sitz der Seele“ bezeichnet. Den Psoas zu spüren, zu kräftigen und zu entspannen, erfordert viel Körperbewusstsein, ein gesunder Psoas ist stark und elastisch zugleich. Verdeutlichen lässt sich dies an folgenden Beispielen: Stellt man sich einen marschierenden Militärtrupp vor, so ist deren Psoas stark, aber unnachgiebig. Denkt man an afrikanische Frauen, die etwas Schweres auf dem Kopf transportieren, so agiert deren Psoas auf eine gesunde Art und Weise – stark und weich zugleich. Welche Rolle spielt dies beim Laufen?
Sorgt der Psoas nicht für eine ausreichende Stabilisierung des Beckens werden Bewegungen unökonomisch ausgeführt, was sich langfristig auf wiederum auf das IT-Band auswirkt. Ausgeglichen wird dies häufig durch übermäßige Aktivierung von Hamstrings und Gluteus aus, wodurch der Druck auf den unteren Rücken verstärkt wird. Durch das Laufen verkürzt sich ausserdem unser „Sprintmuskel“, der Illiopsoas (Hüftbeuger) – wird dies nicht durch entsprechende Dehnung ausbalanciert, fördert das die Bildung eines Hohlkreuzes sowie Schmerzen in der Lendenwirbelsäule.
Pranayama – die Atmung
Der Atem spielt im Yoga DIE zentrale Rolle – ob beim Ausführen der Asanas, bei speziellen Atemübungen oder während der Meditation.
Bei körperlicher Betätigung dient unser Atem als Indikator für Überanstrengung: Atmen wir nicht, ist dies ein Zeichen dafür, dass wir uns zuviel zugemutet haben. Durch bewusste und gleichmäßige Atemzüge sind wir mental in ständigem Kontakt mit unserem Körper, reduzieren Stressfaktoren und aktivieren unser Gewebe. Durch das Entstehen der Hitze wird unsere Muskulatur von innen heraus aufgewärmt, was einen Schutz vor Verletzungen bietet.
Mit so genannten Pranayama-Techniken trainieren wir außerdem unser Zwerchfell sowie unser Lungenvolumen, welches uns langfristig bei der Ausdauer unterstützt.
Meditation – das Mentale
Die meisten Läufer kennen es, dieses Eintauchen in eine andere Welt, in der man mit sich und der Natur im Einklang ist, und die Gedanken im Kopf endlich aufhören zu kreisen. Das klappt jedoch nicht immer, unser Kopf lässt uns manchmal einfach nicht abschalten, so dass dieser Zustand an manchen Tagen nicht erreicht wird. Beim Yoga wird genau diese meditative Komponente, das im „Hier und Jetzt“ sein, praktiziert und geübt, so dass du mit der Zeit auch beim Laufen leichter einen Zugang dazu findest.